zurück

Apothekenreform per BMin Lauterbach


Apothekenreform per Bundesgesundheitsminister Lauterbach: Gespräch mit Herrn Bundestagsabgeorneten Alois Rainer, Frau Apothekerin Sonja Rothammer und Herrn Pharmazierat Tobias Schmid

Anlass zu diesem im Treffen gaben die Reformvorschläge des Bundesgesundheitsministers, die nicht nur die Existenz der Apotheken vor Ort gefährden, sondern auch unsere Berufsethik und -ehre angreifen. Wirre Reformvorschläge und Mißachtung unseres altehrwürdigen akademischen Gesundheitsberufes, der heilberufliche und naturwissenschaftliche Tätigkeiten verbindet. Gleichstellen des Apothekerberufs - den wir nach einem anspruchsvollen naturwissenschaflichen Studium und erst nach dem erfolgreichem Bestehen von 3 Staatsexamen ausüben dürfen - mit der Apotheke light, die ohne Anwesenheit eines Apothekers und ohne Rundumversorgung der Patienten funktionieren soll. Ein:e PTA soll die Leitung inne haben, Rezepturen werden nicht hergestellt, Betäubungsmittel - wie etwa in der Schmerz- und Palliativmedizin benötigt - werden nicht abgegeben und Notdienste sind nicht zu leisten. Diese bedenkliche Situation nahm Frau Rothammer zum Anlass, sich persönlich an Herrn Rainer zu wenden und um seinen Einsatz für den Apothekerberuf im Bundestag über seine Parteigrenzen hinaus zu bitten.

Zu unserer großen Freude gab Herr Rainer uns am 8. Juli die Ehre und nahm sich einige Stunden Zeit für die Anliegen der Apothekerschaft. Ihn haben unsere Ausführungen zu Vergütung, Aufwand und dem Facettenreichtum unseres Alltages erstaunt und durchaus überrascht. Prompt vermittelte Herr Rainer uns daraufhin ein Treffen mit Frau Emmi Zeulner, Abgeordnete des Bundestages und Mitglied im Gesundheitsausschuss. Eindeutig war die Anerkennung und Befürwortung des Apothekenwesens und der Einsatz für die Apotheke vor Ort unter Leitung eines Apothekers zu spüren. Hier eine Anmerkung: Jeder Handwerksberuf unterliegt dem Meisterzwang. Eine Apotheke allerdings, die, wie Herr Schmid bemerkte, täglich durch die intensive und verbindliche Arbeit Leben rettet, soll ohne professionelle Leitung auskommen!? Eine Apotheke ist durchaus vergleichbar mit einem Ensemle, das nur gemeinsam, aber unter Leitung eines Regisseurs zu einem gelungenen Gesamterlebnis beiträgt. Natürlich stimmen wir mit Frau Zeulner überein, dass das Berufsbild der PTA in der öffentlichen Apotheke Aufwertung erfahren muss, um ihn wieder attraktiv zu machen und den permanenten Personalmangel in der Apotheke zu beheben.

Die PTA Schulen klagen momentan über wenig ambitionierte und kompetente Bewerber:innen. Die momentane Ausbildung gesteht den PTA zu wenig Verantworung zu. Eine Reform der PTA Ausbildung sollte den Beruf attraktiver und zukunfssicher gestalten, etwa durch eine zusätzliche akademische Ausbildung. Ebenso wie der PTA Beruf mehr Aufwertung erfahren sollte, benötigt der Apothekerberuf eine Komptenzerweiterung - begleitet von enormer Eigenverantwortung. Dies bedeutet eigenverantwortliche Arbeit und Freiheit in der Medikation, wie bereits in europäischen Nachbarstaaten möglich.

Beispiel:
Schweiz - Notfall Allergie, Kortison, UK - Antibiotika nach Tabelle
Unser Berufsbild ist nicht nur durch die Arbeit in der Apotheke geprägt. Vielmehr leisten wir hochwertige und von der Apothekerkammer geforderte Fortbildungsarbeit, die sowohl der Apotheke direkt als auch deren Kunden zu Gute kommt. Wir haben nicht nur in Not - und Pandemiezeiten Kompetenzen, die das Gesundheitsystem am Laufen halten und das Gesunheitsministerium derzeit dankend angenommen hat -nein: wir können Verantwortung und Pharmazie. Ob Impfen, Testen, nichtverfügbare Arzneimittel beschaffen: Herr Lauterbach hat all dies offensichtlich vergessen und vergisst weiterhin die Aufwertung und Wertschätzung unseres Berufsstandes. Apotheken ohne Apotheker sind sein Traum.
Es gab da aber einmal das Edikt von Salerno 1241, von Kaiser Friedlich II erlassen, das den Beruf des Apothekers begründet hat. Will auch Herr Lauterbach einen Thron besteigen, indem er es wieder außer Kraft setzt?

Attraktive Arbeitsbedingungen sollen den sich zuspitzenden Fachkräftemangel ausgleichen. Das ist bei der momentanen Apothekenvergütung, die seit 2005 nicht angepasst worden ist, kaum möglich. Angedacht ist etwa eine gesetzliche Personalzulage auf das Fixum der verschreibungspflichtigen Arzneimittel. Doch vielmehr will Herr Lauterbach die Vergütung von lächerlichen 3% auf 2%senken, was im Alltag bereits bei einem Arzneimittel von 100 Euro Wareneinsatz zu einem Minus in der Apothekenkasse führt. Dafür steigt unser Fixaufschlag von 8.35 Euro auf 9 Euro. Für Lacher sorgt unsere steigende Notdienstvergütung von 21 ct um 7 ct pro abgegebenem Arzneimittel. Dieser Betrag wird aber von der pharmazeutischen Dienstleistung abgezogen: statt 20 ct werden diese nun mit 13 ct vergütet... Unsere Arbeit an den Nichtverfügbarkeiten bringt uns den immensen Stundenlohn von 1.50 Euro ein.
Na klar, wir Apotheker klagen echt auf hohem Niveau. Herr Apotheker und Pharmazierat Tobias Schmid konnte mit fundiertem Zahlenmaterial aufwarten, welches klare Ziele im Bereich der Vergütung und der Aufwertung der Berufsbilder in der Apotheke aufzeigte.

So sind die Wertschöpfung der Apotheke von 2005 bis 2023 von 2.8 % auf 1,9 % gesunken. Durch die Senkung der Vergütung bei gleichzeitiger Anhebung der Tarife ohne Erhöhen der Apothekenvergütung ist ein weiteres Apothekensterben vorprogrammiert. Soll man dem Gesundheitsminister böse Absicht unterstellen um so die Apotheke light zu rechtfertigen? Vielleicht liegt es aber einfach an dem hohen Frauenanteil der Apothekenbeschäftigten? 73.7 % sind Frauen beschäftigt und das in familienfreundlichen Teilzeitanstellungen. Werden hier wieder wir Frauen übervorteilt oder ist das ein Grund der Unterbezahlung?

Vom Arzneistoff zum Arzneimittel
Die Rezepturarbeit in der Apotheke ist keinesfalls zu unterschätzen und findet weder in der Light Apotheke noch in einer Online-Apotheke statt. Sie bedeutet für die Apotheke vor Ort einen enormen Ressourceneinsatz. Oft werden hochwertige Substanzen nur einmal benötigt, der Rest ist dem Verfall ausgesetzt und belastet das Budget. Die Rezepturarbeit selbst besteht aus Dokumentation von Plausicheck, Herstellungsanweisung- und protokoll, der Zubereitung selbst und der Abrechnung. Der Arbeitspreis - egal ob 1/2 oder eine Stunde Arbeitsaufwand – wird immer gleich vergütet.

Zum Thema Online-Apotheke: es ist einfach, Rosinen zu picken, keine Rezeptur, keine BTM zur Verfügung zu stellen. Ebenso wenig findet bei Unklarheit eine Rücksprache mit der Arztpraxis statt, vielmehr bekommt der Patient das Rezept einfach zurück und landet einige Tage später in der Apotheke vor Ort, wo seine Probleme zeitraubend aber zuverlässig geklärt werden. Spannend für unsere Regierung, die Online-Apotheken haben alle ihern Sitz in Holland - unser Staat erhält keine Steuereinnahmen.
Wäre es nicht viel vernünftiger, den Mehrwertsteutersatz für Arzneimittel wie in allen anderen europäischen Ländern auf 7% zu senken, um unsere Preise attraktiver zu machen und über die Steuereinnahmen unser eigenes Land profitieren zu lassen. Ein weiteres interessantes Thema im unserem Kreis war die Erläuterung von Pharmazierat Schmid zu nicht apothekenpflichtigen Nahrungsergänzungsmitteln, die den Markt im Moment überschwemmen. Hier sind Dosisabweichungen von bis zu 50 % völlig legal, was uns besonders bei Zubereitungen für Säuglinge große Sorgen bereitet: daher fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in Ihrer Apotheke.....wieder einmal ist unser Berufsstand auf eine Räumlichkeit statt auf eine Person reduziert! Ein Hoch auf unsere Werbeträger!

Zurück zu unseren beiden engagierten Politikern aus dem Bundestag. Mit Interesse an unseren Problemen, Erstaunen über die Apothekenarbeit und Engagement für die Mitarbeiter der Apotheke vor Ort gingen wir mit gutem Gefühl aus den Gesprächen zurück in unseren Apothekenalltag. Wir danken Frau Emmi Zeulner und Herrn Alois Rainer von ganzem Herzen fürs Zuhören, für konstruktive Vorschläge und hoffen auf gute Abstimmungsergebnisse für die Apotheke vor Ort - gegen die Reformvorschläge des Gesundheitsministers und zum Wohle der hochqualitativen Arzneimittelversorgung unserer geschätzten Patient:innen. Wir sind gesunden gewachsenen Traditionen verpflichtet, ohne ihnen verhaftet zu sein. Mit Anspruch auf Innovation, Weiterentwicklung, moderne Technik und anspruchsvolle Aubildungswege.

Unser Appell an die Bundespolitiker:
Der Apothekenrefomvorschlag ist in dieser Form nicht tragbar für uns und unsere Patienten!